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Retrospektive
Die Retrospektive ist ein wichtiger Bestandteil verschiedener Projektmethoden wie Scrum oder Kanban. Es handelt sich um einen Rückblick auf einen bestimmten Zeitraum der gemeinsamen Arbeit. Der Fokus der Diskussion liegt dabei immer auf den Teammitgliedern, Arbeitsprozessen und Tools.
Was lief gut und was haben wir gelernt?
Was können wir verbessern, was haben wir noch nicht verstanden?
Was nehmen wir uns bis zur nächsten Retrospektive vor?
Retrospektiven können auch Lernenden nach Beendigung von Projektarbeiten helfen, die Zusammenarbeit und persönliche Entwicklung zu reflektieren. Die Lehrperson nimmt hier eine moderierende Rolle ein und kann verschiedene Methoden einsetzen, um die Diskussion zu strukturieren. Eine einfache Möglichkeit ist beispielsweise die 4L-Methode. Alle Teilnehmenden beantworten für sich die folgenden vier Fragen:
• What I LOVED – Was lief richtig gut?
• What I LEARNED – Was habe ich gelernt?
• What I LACKED – Was hätte besser laufen können?
• What I LONGED for – Was hat mir gefehlt?
Die Antworten werden auf Post-its geschrieben, geclustert und besprochen. Auf diese Weise werden verbesserungswürdige Aspekte sichtbar gemacht, aber auch positive Erfahrungen geteilt und wertgeschätzt, die sonst oftmals untergehen.
Renzo Venini ist selbstständiger Agile-Coach und Trainer bei Venini Integral Evolution und Helsana Versicherungen.
1. Wir haben mit dir zusammen unser Verlags-Kanban-System entwickelt, welches täglich im Einsatz ist. Dabei hast du uns auch ans Herz gelegt, regelmässig eine Retrospektive über das System durchzuführen. Kannst du unseren Leserinnen und Lesern den Grund dafür verraten?
Ein Kanban-System bzw. das dem Kaban-System zugrunde liegende Arbeitssystem (d. h. Prozesse, Rollen, Artefakte) lebt davon, stetig verbessert und angepasst zu werden. Es ist noch kein « Kanban-System vom Himmel gefallen. Man beginnt mit einer ersten Fassung, von der man denkt, dass es so am besten funktionieren würde. Mit der Zeit stellt sich bei der konkreten Anwendung heraus, dass dies oder jenes nicht den anfänglichen Vorstellungen entspricht oder dass sich ursprüngliche Gegebenheiten im Lauf der Zeit verändert haben. Dort setzt die Retrospektive an. Diesen allmählichen und kontinuierlichen Verbesserungsprozess können alle Beteiligten und Betroffenen mitgestalten.
2. Was beinhaltet eine «gute» Retrospektive?
«Gut» ist immer das, was angemessen und hilfreich ist, und das ist nicht überall gleich. Eine gute Retrospektive passt sich stets dem Kontext und den Menschen an. Ziel ist es ja, Schwachstellen zu erkennen, mögliche Verbesserungen zu antizipieren und zeitnah Folgeschritte zur Verbesserung einzuleiten. Somit braucht eine gute Retrospektive Zeit und Raum. Getrieben vom Alltagsstress und unter Druck, werden selten gute Ideen oder Hypothesen entwickelt. Ich versuche stets die Retrospektive in einem geschützten und entspannten sowie – ganz wichtig – vertrauensvollen Rahmen durchzuführen. Dazu bedarf es einer guten Vorbereitung und einer strikten Moderation. Inspirationen, wie man eine Retrospektive durchführt, welche Standard-Agenda man anwenden kann usw., gibt es zuhauf im Netz oder in der Literatur; der Erfolg liegt jedoch in einer angemessenen und der Situation angepassten Anwendung.
3. In welchem Turnus macht eine Retrospektive deiner Meinung nach Sinn?
Nimmt man die Retrospektive ernst, gibt es aus meiner Erfahrung immer und laufend genügend Themen, die man bearbeiten kann. Man bedenke: Bei Retrospektiven geht es nicht nur um das Arbeitssystem als solches (z. B. das Kanban-Board), sondern auch um Aspekte des sozialen Systems (wie arbeiten und interagieren Menschen miteinander) oder häufig auch um Friktionen bei Schnittstellen zu anderen Teams oder Lieferanten. Ergo kann man eine Retrospektive nicht häufig genug durchführen, vorausgesetzt, man möchte sich verbessern. Sichere Teams mit Arbeitssystemen, welche bereits stabil und gut laufen, können den Zeitraum sich wiederholender Retrospektiven ausdehnen; ich würde jedoch auch hier mindestens alle vier Wochen eine Retrospektive durchführen. Bei neuen Teams oder Arbeitssystemen bevorzuge ich engere Zyklen, z. B. einen Ein- oder Zweiwochenrhythmus. Auf Managementebene hingegen habe ich gute Erfahrungen mit zwei- bis dreimonatlichen «Verbesserungsboxenstopps» gemacht.
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