Seit Jahren studierte ich daran herum, wie ich in meinem Unterricht Elemente wie Wettbewerb, Auszeichnungen und andere motivierende «Goodies» integrieren könnte, sodass die Arbeiten mehr Spass machen würden. Denn sind wir ehrlich, Lernen ist harte Arbeit und Spielen eine ernste Sache. Ich habe Lernende mit Punkten belohnt, wenn sie die Hausaufgaben gut gemacht hatten. Wenn Sie diese also inhaltlich korrekt und vollständig, äusserlich in einer qualitativ ansprechenden Form und ausserdem rechtzeitig abgegeben hatten. Aus zahlreichen Punkten gab es dann eine Fleissnote. Damit wollte ich vor allem jene belohnen, die sich über eine lange Zeit bemüht hatten und dann an Prüfungen – aus welchen Gründen auch immer – nicht dieselbe Leistung zeigen konnten. Aber mir gefiel es nicht, ständig immer alles mit Noten zu bewerten.
Also kreierte ich den «Badgelor». Das ist weder ein Schreibfehler noch geht es um schöne Menschen, die einen Partner oder eine Partnerin suchen, und wer nicht gefällt, wird mit einer Rose verabschiedet. Ich erstellte diverse Badges, mit denen ich Lernende auszeichnen wollte, die beispielsweise eine Aufgabe gut gelöst hatten. Aber es ging mir um viel mehr als nur um Sach- und Fachkompetenzen. Ich wollte unbedingt auch Kreativität wertschätzen und dabei individuelle Lösungen fördern. Oder den Wert der Zusammenarbeit ehren und somit zu noch mehr Kooperation in der Klasse anregen. Oder das Erreichen von ganz persönlichen Lernfeldern, die sich in einem Coaching aufgetan hatten, feiern. Aber ich fand kein System, keine passenden Regeln, um dies zu organisieren, zu kommunizieren und durchzuführen. Und nicht zuletzt gefielen mir die selbst kreierten, dilettantisch wirkenden Badges für «Reflexionsmeister» oder «Förderfreund» genauso wenig, wie ich «Kooperationsheld» oder «Spicktalent» zeichnete. Sie sahen einfach lächerlich aus und konnten meine didaktisch-pädagogisch ernsthaften Absichten nicht adäquat visualisieren. Also verwarf ich gleich das gesamte Konzept des «Badgelor».
Bis ich im vergangenen Frühjahr während eines Calls vom Digital Learning Hub (vgl. gelber Kasten) das Gamification-Konzept von Robin Fürst, Deutschlehrer an der Kantonsschule Zürcher Unterland, kennenlernte. Was er für den Lektüreteil seines Deutsch-Unterrichts zusammengestellt hatte, konnte ich nun einfach für den Übungsteil meines IKA-Unterrichts adaptieren. Leicht, weil ich nun die Elemente kannte, nämlich: Selbstbestimmung, Wettbewerb und Privilegien. Und seither gilt bei mir im Unterricht Folgendes:
- An erster Stelle – keine Hausaufgaben. Das mühsame Abarbeiten von Hausaufgaben, die von der Lehrperson vorgegeben werden und innert einer Woche erledigt werden müssen, fällt weg.
- Dafür mehr Selbstbestimmung: Die Lernenden entscheiden selbst, wann sie welche Aufgabe für ihr Lernen sinnvoll finden und erledigen möchten.
- Je mehr Punkte die Lernenden machen, desto höher ist ihre Note, denn eine von vier bis fünf Semesternoten generieren sie aus diesem Spiel.
- Mehr Fun für alle, dank Challenges, Jokern, Bonuspunkten und anderen motivierenden Goodies.
- Volle Transparenz: Die ganze Klasse sieht wöchentlich, wo sie steht, und alle können den eigenen Punktestand mit jenem der anderen vergleichen. Die Rangliste jeder Klasse ist online ersichtlich.
In diesem Film habe ich die Spielregeln kurz erklärt. Das vollständige Konzept kann man bei TeachOz herunterladen (Log-In mit Zauberwort HELP), adaptieren, umsetzen. Viel Vergnügen!
Im Teil 2 werde ich erläutern, welche Erfahrungen ich in diesem Semester damit gemacht habe. Eines vorweg: Nicht nur die Lernenden haben dabei viel über sich selber und ihr Lernen erfahren!