Agilität | CASE:LAB | Co-Creation | Co-Working | Design Thinking | Digitale (Lern-)Medien | Hackathon | New Work | Prototyping | SKV-Lerngalaxie
- 4. Februar 2022, 17:00
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SKV-News
Fit 4 BiVo
Die positive Kraft des «Scheiterns» als Teil des Lernprozesses
Unser beruflicher Alltag ist – unabhängig von Branche, Funktion, Rolle und Arbeitstätigkeit – geprägt von externen Einflüssen und unvorhersehbaren Ereignissen. Nicht immer läuft alles so rund wie ursprünglich geplant oder erwünscht; Kompromissbereitschaft und Anpassungsfähigkeit sind oftmals unabdingbar. Doch in derartigen Situationen effektiv und effizient zu (re-)agieren will gelernt sein – optimalerweise bereits in jungen Jahren während der Lehrausbildung.
Problemlösekompetenzen müssen entwickelt, Entscheidungsfähigkeiten geschult werden, um im beruflichen Alltag und im Zeitalter von New Work bestehen zu können. «Learning by Doing» heisst hier die Devise, denn in einem geschützten Umfeld sind Fehler erlaubt, ja sie sind sogar erwünscht. «Mistakes are the portals of discovery», betonte auch schon James Joyce. Und genau hier setzt CASE:LAB, unsere Trainingsplattform, an.
CASE:LAB ist Teil der SKV-Lerngalaxie und bietet Lehrpersonen wie auch Lernenden im Hinblick auf die BiVo 2023 und die damit verbundenen fünf Handlungskompetenzbereiche ein «Tummelfeld» von Transfertrainingsmethoden und -formen, so z. B. Critical Incidents, Fachgespräche, Gruppendiskussionen, Handlungssimulationen und Rollenspiele. Verpackt in attraktive, praxisnahe Cases werden berufsspezifische Problemsituationen branchenübergreifend aufgezeigt, die es experimentell, individuell und empathisch zu lösen gilt. Denn kein Case gleicht dem anderen. Einfallsreichtum und Kreativität wirken in Co-Creation bzw. im Co-Working-Prozess einer (Klein-)Gruppe umso ansteckender und motivierender. Eine ideale Vorbereitung, wenn es in Prüfungen «drauf ankommt» oder im beruflichen Alltag «ernst wird». Denn bis dahin wissen die Lernenden Prioritäten in einem Entscheidungsfindungsprozess zu setzen und haben ein gesundes Mass an Stressresistenz für beruflichen Alltagstrubel aufgebaut.
Story
(Neue) Formen der Grundbildung
… erläutert Steve Hess, Coach Next Generation seit 2015 bei der Swisscom (Schweiz) AG, im Gespräch mit uns:
Flächendeckend wurde das Ausbildungsmodell (nach einer einjährigen Pilotprojektphase) im August 2004, also vor 18 Jahren, eingeführt. Was für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Swisscom bereits fester Grundbildungsbestandteil ist, stösst national und international auf grosses Interesse. Diesen innovativen Ansatz vor Ort zu erleben ist auch der Grund, weshalb immer wieder Unternehmen Swisscom besuchen.
Wie funktioniert die Grundbildung bei Swisscom?
Das grösste Credo von Swisscom ist «Die Lernenden stehen im Mittelpunkt.» oder, wie auf der Website aufgeführt, «Eine Lehre bei Swisscom ist so individuell wie du.». So gestaltet sich auch die Ausbildung der angehenden kaufmännischen Angestellten. Der Startschuss der Lehre beginnt wie in anderen Schweizer Lehrbetrieben im August. Zu diesem Zeitpunkt wird den Lernenden der Betrieb erklärt und die Geräte werden ihnen eingerichtet. Doch im Anschluss daran nimmt die Grundbildung eine andere Form an, denn die Lernenden sind selbst für ihre Ausbildung verantwortlich. Bei Swisscom gibt es nämlich im Vergleich zu anderen Betrieben keinen bereits zugeteilten Ausbildungsplan. Die Lernenden suchen sich, anhand ihrer Leistungsziele und der benötigten Kompetenzen, im Marktplatzsystem ein Projekt aus. Welche Kompetenzen sie im folgenden Semester erlernen möchten, bestimmen sie selbst. Wie bei anderen Betrieben wechseln die Lernenden nach einem halben Jahr die Projekte und erhalten dadurch Einblick in unterschiedliche Rollen, Bereiche und Tätigkeiten. Dies bietet den Lernenden die Möglichkeit, entlang ihrem Flair, ihren Interessen, aber auch ihren Stärken ihren individuellen Lernweg zu gestalten. Während der gesamten Ausbildungszeit werden sie von Praxisbildnerinnen und Coaches begleitet.
Veränderungen der Berufsbilder und durch die Reform
Seit einigen Jahren nimmt Steve Hess bei der betrieblichen Ausbildung von angehenden kaufmännischen Angestellten eine überproportionale Zunahme der Digitalisierung in allen Bereichen wahr. Der «klassische» Büroalltag ist geprägt durch digitale Kollaborationen. Dies bedeutet, dass die Teams häufig mit digitalen Medien arbeiten, entsprechende Konzepte ausarbeiten und dabei ihre digitale Zusammenarbeit stetig optimieren. Dieser Trend ist nicht nur im KV, sondern auch in anderen Berufsbildern zu beobachten. Aus diesem Grund sind die in der Reform 2023 zusätzlich verankerten ICT-Kompetenzen von grosser Relevanz. Die aktuelle Grundbildung wird als Übergangsphase gesehen, wobei die Lernenden in der Schule nicht genau die Themen lernen, welche sie im Betrieb antreffen. Dennoch ergänzen sich die drei Lernorte Betrieb, Schule und ÜK. Wie sich dies mit der neuen Reform verhält, kann Swisscom zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantworten. Hier ist aktuell ein Team daran, den Benefit der Reform für Swisscom zu analysieren und auszuarbeiten.
Fazit – ein stetiger Wandel
Die bestehende Ausbildungsform von Swisscom ist für Aussenstehende fortschrittlich, ja gar innovativ; dennoch ist Swisscom stetig daran, diese zu optimieren. So hat das vor 18 Jahren begonnene Ausbildungsmodell in den letzten Jahren einige Anpassungen erfahren und wird auch künftig immer wieder erneuert, korrigiert und erweitert werden. Dies widerspiegelt auch einer der Werte, welchen die Swisscom auf ihrer Website publiziert: «Wir entwickeln uns kontinuierlich weiter und ergreifen neue Chancen.»
Vielen Dank, Steve, für den spannenden Einblick in die Swisscom-Welt und das grossartige Gespräch.
Inside
CASE:LAB materialisiert sich
Der Planet «CASE:LAB», als Teil der SKV-Lerngalaxie bislang eine Ansammlung aus Energie, Vision und Ideen, ist dabei, sich zu materialisieren. Wie gelingt dies? Indem ein Teil der SKV-Crew den vierten der fünf Design-Thinking-Modi aktiviert: das Prototyping. Konkret haben wir für die eingangs erwähnten Transfertrainingsmethoden ausführliche Vorlagen erstellt, auf deren Basis Bildungsredaktorinnen und -redaktoren ab März 2022 praxisnahe Aufgabenstellungen produzieren. Diese Prototypen wurden bereits in einem Workshop gechallenged und ausgetestet. Funktionieren unsere Anleitungen oder müssen wir noch etwas ändern, bevor wir sie in der Serienproduktion einsetzen? Dafür legten wir unsere Rohlinge zukünftigen Anwenderinnen und Anwendern in die Hände – in diesem Falle Tandems aus Praktikerinnen und Didaktikern – und liessen sie ausprobieren. Wir beobachteten, wie die Rubriken gelesen wurden, was geschrieben, was nicht verstanden wurde, wo wir präzisieren sollten. Und wir fragten nach: Haben euch unsere Vorgaben in eurem kreativen Prozess unterstützt? Was hat gefehlt und sollte zusätzlich bereitgestellt werden? Die daraus entstandenen Produkte bilden wiederum Prototypen und Ausgangsmaterial für weiterführende Gespräche mit Programmierern und Grafikern. So erfahren wir rasch, wo unsere Lösung weiter auszuarbeiten und zu verfeinern ist – bis CASE:LAB in naher Zukunft derart plastisch geworden ist, dass Sie sich für Ihren ersten Spaziergang auf dem neuen Planeten einloggen und – wenn Sie Lust auf mehr haben – auch als Bildungsredaktorin oder -redaktor engagieren können.
3 Fragen an …
…Dominik Hanisch, Gründer von Innovationshelden, Dozent für Agilität und Innovation an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich sowie Innovationsmanager bei Energie Wasser Bern.
- Was verstehst du unter einer innovativen (Grund-)Bildung?
Innovative Bildung verhilft den Studierenden dazu, ihre Kreativität zu entdecken und diese zu fördern; sie sollte ihre Neugier wecken und sie in ihrem Tun bestärken und unterstützen. - Welchen Stellenwert hat Innovation in der Grund- und Weiterbildung von kaufmännischen Angestellten?
Die Welt, so wie wir sie heute kennen, wird schon morgen eine andere sein. Im Hinblick darauf gilt es Lösungen und Szenarien zu entwickeln, die heute noch nicht existieren. Denn wenn wir den Lernenden von heute nicht das Mindset und die Werkzeuge mitgeben, welche sie morgen benötigen, wie sollen sie sich dann in Zukunft ihren vielfältigen Herausforderungen stellen können? - Was ist in deinen Augen eine innovative Unterrichtsform und welchen Tipp würdest du Lehrpersonen mit auf den Weg geben?
Innovative Unterrichtsformen haben für mich immer mit Experimentieren, Forschen und einer gesunden Fehlerkultur zu tun. Ich persönlich würde mir wünschen, dass nicht die Fehler der Studierenden bewertet werden, sondern das, was sie daraus gelernt haben.
Methode
Hackathon
Hackathons sind ein beliebtes Instrument für Unternehmen, um in kurzer Zeit innovative Problemlösungen zu erarbeiten. Das Wort setzt sich zusammen aus dem englischen «hack» (technischer Kniff) und dem «Marathon», der auf die Intensität der Veranstaltung hinweist: Ein Hackathon kann von einigen Stunden bis zu mehreren Tagen dauern, an denen sich die Teilnehmenden intensiv der Problemlösung widmen.
Das Prinzip des Hackathons kann auch in (schulischen) Projektarbeiten angewendet werden. Praktische Problemstellungen werden vorgegeben oder von den Lernenden selber eingebracht. In selbstorganisierten Teams werden mögliche Lösungsansätze erarbeitet; währenddessen steht die Lehrperson für Fragen und einen Austausch zur Verfügung. Zentral ist das intensive und fokussierte Arbeiten an einer konkreten Problemlösung. Die Ergebnisse werden im Plenum präsentiert und gewürdigt. Die Weiterentwicklung bzw. eigentliche Umsetzung der Ideen kann anschliessend im Rahmen einer längeren Projektphase wie z. B. eines Moduls oder einer Projektwoche erfolgen.
Ein anschauliches Beispiel dieser Methode bietet der «Strategie-Hackathon» von Sybille Sachs und Matthias Mölleney. Das Autorenteam greift darin auf einen weitreichenden Erfahrungsschatz zurück und bietet detaillierte Anleitungen.